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Greta Haenen:
Die Musikaliensammlung Leopolds I.
Versuch einer Rekonstruktion
Leopold I. (1640–1705) besaß in seiner Bibliotheca cubicularis (Schlafkammerbibliothek) auch eine der wichtigsten Musikaliensammlungen seiner Zeit. Die Teile dieser Sammlung, die noch existieren und als solche identifiziert wurden, befinden sich heute im Wesentlichen als Bestand „Leopoldina“ in der Österreichischen Nationalbibliothek. Dass Leopolds Sammlung sich nicht geschlossen erhalten hat und die verbliebenen Bände sich nur unter Mühen zur ursprünglichen Bibliotheksordnung in Beziehung setzen lassen, ist das Resultat verschiedener Prozesse des Transfers in andere Sammlungszusammenhänge und von Umsignierungen über die Jahrhunderte hinweg. Der vorliegenden Publikation gelingt mittels eines komplexen archivalischen Instrumentariums unter Berücksichtigung u. a. von Einbänden, Datierungen, Gattungsbegriffen, Signaturenordnungen und Schreiberhänden eine bedeutende Annäherung an den Umfang und die Struktur des ursprünglichen Bestandes.
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CD-Veröffentlichung
Telemann Cantatas & Fantasies 1735
Bettina Pahn, Joachim Held, Juliane Laake, Carsten Lohff
Details
Booklettext
Seit 1721 war Telemann in Hamburg als Nachfolger Joachim Gerstenbüttels am Hamburger Johanneum. Das erste Jahr begann mit einer Reihe von Ärgernissen, die Telemann zu überwinden hatte. Erst wollte ein Drucker das alleinige Recht und den Verdienst aus dem Druck der Texte von Telemann ziehen, womit ihm eine wichtige Nebeneinnahme verloren gegangen wäre. Dann wurde auch der Versuch unternommen in seine künstlerische Freiheit einzugreifen. Zusammen mit einem bescheidenen Salär, einer kleinen Wohnung war bereits nach einem Jahr für Telemann klar, das er sich verbessern müsse. Da kam die Anfrage aus Leipzig, das er Thomaskantor werden solle, gerade recht. Als er die Stelle als Thomaskantor haben konnte, bewegte sich Hamburg und köderte den begehrten Telemann mit deutlich besseren Konditionen, so das er wieder nach Hamburg kam und dort ein gewaltiges Arbeitspensum absolvierte. Jeden Sonntag mußte er eine Kirchenkantate aufführen, mehrere Passionsmusiken und ein Passions – Oratorium pro Jahr. Für die Festtage mußte er für jeden Tag eine Komposition liefern. In den 15 Jahren, in der auch noch die Oper leitete, komponierte er ca. 20 Opern und weitere großbesetzte Musiken. Die ungeheuer große Produktivität zeigt sich auch darin, das er trotzdem noch so schöne Kleinodien schuf, wie die Moralischen Kantaten, die Soli für Traversflöte, Geige und Viola da Gamba.
„Auch findest Du dabei moralische Cantaten woran fast jedermann sich bis hieher vergnügt“, so kündigt Telemann seine VI Moralischen Kantaten dem Freund J.R. Hollender in Riga an. Eine schöne Sammlung von Kantaten, die in kurzer Form, mit einer Prise Humor und einem freundlich erhobenen Zeigefinger einige Charaktereigenarten beschreiben. Es wird auf die wahre Bestimmung des Menschen hingewiesen, Stolz, Hochmut und Geiz sollen durch Bescheidenheit, Güte und Grossherzigkeit ersetzt werden.Die Kantaten waren sehr beliebt und sind auch heute in ihrer humorvollen und ehrlichen Aussage beeindruckend.
So ist das „Glück“ von behäbiger Faulheit und schläft vor lauter Wonne mitten in der Kantate ein.
Der „Geiz“ appelliert an diejenigen, die sich aus Geiz alles vom Munde absparen, nicht geben können und am Ende ihr Vermögen nur den lachenden Erben hinterlassen.
Die „Falschheit“ erzählt von falscher Freundlichkeit und Tücke.
Die „Zeit“ frißt ihre eigenen Kinder und wird niemals satt und erinnert auch an die Endlichkeit und Sinnsuche im Leben.
Die Kantaten dienten der Musikpflege des (Hamburger) Bürgertums und spiegelten ein aktuelles Anliegen wieder – die Verbesserung der Sitten und die Suche nach einem in Bescheidenheit, Vernunft, Toleranz und auch den anderen Menschen zugewandten Daseinsglück -im Sinne der Aufklärungsphilosophie.
2015 wurden die Fantasien für Viola da Gamba gefunden, eine Sensation. Während die Viola da Gamba im 17. Jahrhundert größte Beliebtheit erlangte, so wurden die Kompositionen nach 1700 spärlich. Das Instrument kam aus der Mode, die Herausgabe von gleich 12 Kompositionen von Telemann ein Wagnis, das Telemann allerdings geschickt kalkulierte. Er druckte lediglich auf Subskription, was ihm erlaubte mit dem Druck kein Risiko einzugehen. Ein System, übrigens, das auch Johann Matteson nutzte. Telemann nutze es in Hamburg zwischen 1725 und 1739. Die Kompositionen Telemanns zeichnen sich durch eine reiche Formensprache aus, die das Instrument in den verschiedensten Facetten erklingen läßt. 1736 wurden sie in dem „Hamburger Relations- Courir“ angekündigt: „Von Telemannischer Music sind folgende neue Werke, in nicht gar langer Zeit, ans Licht getreten, und bey deren Verfasser zu bekommen: Zwölf Fantasien für die Violine ohne Bass,…dergleichen für die Gambe“. Telemann widmete die Gambenfantasien dem Hamburger Kaufmann und Bankier Pierre Chaunel, der schon mehrfach als Käufer von Kompositionen Telemanns in Erscheinung getreten ist.
1728 veröffentlichte Telemann „Der getreue Music – Meister“ (1728) eine Suite von Ernst Gottlieb Baron und das Presto der B – Dur Sonate (SW 49) von Silvius Leopold Weiss.
Es gibt von ihm keine originalen Komposition für Laute, allerdings einige zeitgenössische Bearbeitungen. So gibt es Kompositionen für Quartett in einer Fassung für zwei Lauten (unter dem Namen „Melante“), einige Stücke in a – moll und gar den ersten Satz der Methodischen Sonate in g – moll, arrangiert für die 11 – chörige Barocklaute. Im Wittgenstein – Manuskript gibt es das Lied „Komm, ach komm, mein wehrtes Leben“ (TWV 36:10).
Es ist bezeichnend für die Beliebtheit der Telemannschen Kompositionen, daß sie so gern bearbeitet wurden und es war gang und gäbe, daß Kompositionen für andere Instrumente bearbeitet wurden.
So habe ich mir die Freiheit genommen, zwei der Fantasien für Violine solo für die 13 – chörige theorbierte Barocklaute einzurichten. Eine Bearbeitung erscheint mir persönlich immer dann sinnvoll, wenn sie in der Lage ist, bestimmte Qualitäten der Kompositon in anderem Licht erscheinen zu lassen und musikalische Parameter anders zu betrachten. Die Laute kann die polyphonen Phrasen deutlicher darstellen und auch in der harmonischen Ausformung ist sie der Violine naturgemäß überlegen.
Joachim Held, Oktober 2021